Bäume – die Luftkünstler unserer Stadt

 

Das Leben in der Stadt kann einer*m manchmal die Luft nehmen, atemlos bewegen wir uns durch den urbanen Raum, über von Autos verstopfte Straßen auf der Suche nach Orten zum Innehalten und Aufatmen. Wo wir nach den Lebensmittel Luft suchen, atmet auch die Stadt und produziert zugleich ihre eigene Luft – die Stadtluft. Aber was wäre die Stadtluft ohne Bäume?

Unerträglich. Daher widmen wir uns auf dieser Seite den Stadtbäumen als unerlässliche Bestandteile unseres urbanen Ökosystems, als Luftverbesserer und Lebensraumgestalter.

Im folgenden erfahrt ihr, mit welchen ökologischen Funktionen die Bäume unser Stadtklima beeinflussen und verbessern können.

 

Luftqualität

Bäume filtern durch ihre Blattflächen Schadstoffe wie Schwefelverbindungen, Stickoxide und Feinstäube aus der Luft und verbessern somit die Luftqualität maßgeblich. Feinstäube entstammen aus zwei Quellen: Sie sind entweder natürlichen Ursprungs oder werden vom Menschen verursacht. Partikel natürlicher Herkunft werden beispielsweise vom Erdreich aufgewirbelt oder durch Vulkanausbrüche über oft weite Strecken transportiert. Dazu gehören auch Partikel aus den Meeren, Pollen, Pilzsporen, Bakterien, Wüstenstaub sowie mikroskopisch kleine Tier- und Pflanzenreste. Die vom Menschen verursachten Partikel stammen im Wesentlichen aus der Verbrennung fossiler Energieträger und aus industriellen Hochtemperaturprozessen. Nicht zuletzt werden auch Partikel durch Abrieb von Bremsen, Autoreifen und Straßenbelag, aber auch durch industrielle Abriebprozesse freigesetzt. Ausschlaggebend für die Fähigkeit von Bäumen, Luftqualität bedeutend zu verbessern, ist unter anderem die Form ihrer Blatt-, Zweig- und Stammoberflächen sowie deren Rauigkeit, Relief, Behaarung, die Dauer der Belaubung sowie die Baumart, dessen Holzdichte und Alter. Ein Hektar Buchenwald kann jährlich rund 70 Tonnen Staub aus der Luft herausfiltern, ein Hektar Fichtenwald etwa 30 Tonnen.

Sauerstoffproduktion

Die Sauerstoffmenge, die ein Baum produziert, ist abhängig von der Baumart, dessen Holzdichte und seinem Alter. Durch die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre über die Spaltöffnungen in den Blättern der Bäume und die Aufnahme von Wasser über ihre Wurzeln sind Bäume bei Sonneneinstrahlung imstande, organische Stoffe zu produzieren. Das für die Bäume wichtigste Produkt der Photosynthese – Glukose oder Traubenzucker – dient zur eigenen Energieversorgung. Es wird teilweise umgebaut und im Baum gespeichert, beispielsweise in Form von Stärke oder Zellulose als Baustoff des Zellgewebes. Als „Abfallprodukt“ der Photosynthese wird Sauerstoff durch die Spaltöffnungen wieder abgegeben und gelangt in die Atmosphäre. Die Spaltöffnungen an der Blattunterseite können sich je nach Bedarf des Baumes öffnen und schließen: Hat der Baum zum Beispiel wenig Wasser, schließen sich die Spalten automatisch. Mit diesem fein justierbaren Instrument können sich die Bäume an verändernde Umweltbedingungen anpassen und flexibel reagieren.

Eine alte Buche beispielsweise kann im Durchschnitt etwa 1,7 Kilogramm Sauerstoff pro Stunde produzieren – damit können 50 Menschen eine Stunde lang atmen. Zudem verarbeitet ein Baum in unseren Breitengraden täglich zwischen 30.000 und 40.000 Kubikmeter Luft. Über ihre Blätter verdunstet außerdem täglich bis zu 500 Liter Wasser, was etwa dem Inhalt von vier Badewannen entspricht. Während Laubbäume im Herbst ihre Blätter abwerfen, werden die Nadeln von Nadelbäumen meist bis zu zehn Jahre alt und fallen dann ab, während gleichzeitig neue nachwachsen.

 

CO2 -Bindung

CO2 ist ein natürlicher Bestandteil der Luft und entsteht sowohl bei der vollständigen Verbrennung kohlenstoffhaltiger Substanzen als auch bei der Zellatmung im Organismus von Lebewesen. Als natürliches Treibhausgas ist es für das lebensfreundliche Umfeld auf der Erde verantwortlich, wirkt sich aber in hohen Konzentrationen klimaschädlich aus: Ursache ist der hohe Anteil von CO2-Emissionen, der unter anderem bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Erdöl, Erdgas und Kohle entsteht.

Bäume sind in der Lage, im Zuge der Photosynthese CO2 in Zucker umzuwandeln und zu speichern bzw. Biomasse – wie etwa Holz – aufzubauen. Dies ist je nach Baumart, Wachstumsverhalten, Standort und Holzdichte variabel. Durch ihre meist hohe Lebensdauer spielen Bäume in der Hinsicht, langfristig CO2 zu binden, eine besonders wichtige Rolle: Eine 150-jährige Buche zum Beispiel hat etwa 800.000 Blätter, mit deren Hilfe sie pro Tag bis zu 24 Kilogramm CO2 aufnimmt. Dies entspricht etwa der Emission eines Kleinwagens auf 150 Kilometer. Eine Fichte entzieht der Atmosphäre im Laufe ihres 100-jährigen Lebens etwa zwei Tonnen CO2. Wenn die Fichte verrottet oder verbrennt, wird das Kohlendioxid, das sie beim Wachstum aufgenommen hat, 1:1 wieder freigesetzt.

 

Mikroklima

Im Sommer ist es in Städten mehrere Grade heißer als in den umliegenden ländlichen Gebieten. Die vielen versiegelten Flächen absorbieren die Sonnenstrahlung und heizen die Umgebung auf. Dem sogenannten Hitzeinseleffekt wirken Bäume gezielt entgegen: Überwärmung kann sowohl durch Schattenwurf als auch die Evapotranspiration – also die Summe aus direkter Verdunstung (Evaporation) und Abgabe durch Pflanzen und Tiere (Transpiration) – von Bäumen reduziert werden. Mit gerade einmal 15 Meter Kronendurchmesser schafft es ein einziger Laubbaum, eine Fläche von rund 160 Quadratmetern mit seinem Schatten zu kühlen. Der kühlende Effekt durch Bäume ist jedoch nicht nur in ihrer unmittelbaren Nähe durch die Verbesserung des lokalen bzw. Mikroklimas spürbar: Gerade in Städten kann durch eine günstige Platzierung von Parks und Baumbeständen kühle Luft im Stadtgefüge „produziert“, in umliegende Wohngebiete verteilt und der Hitzeinseleffekt somit vermindert werden.

 

Windschutz

Bäume können Starkwinde abbremsen. Der somit entstehende Windschutz durch Bäume reduziert nicht nur die Windgeschwindigkeit, sondern auch den Grad an Verdunstung und hat einen positiven Einfluss auf hohe Bodenfeuchte und geringe Temperatur auf den direkt hinter dem Baum angrenzenden Bereich. Durch von Bäumen begünstigten Windschutz wird zudem der Abtrag von wertvollem Boden verhindert. Auch Lärm, beispielsweise in Siedlungsgebieten, kann durch die gezielte Bepflanzung von windschützender Vegetation verringert werden.

Klimaanlage

Bäume können Wasser aus dem Boden in über 100 Meter Höhe transportieren. Den größten Teil davon verdunsten sie über ihre Blätter wieder. Rund 70 Prozent allen Wassers, das in Europa verdunstet, stammt aus Blättern. Ein stadtnaher Wald beispielsweise funktioniert für seine direkte Umgebung wie eine natürliche Klimaanlage und begünstigt das innerstädtische Klima: Städte heizen sich auf und sind im Sommer oft um viele Grad heißer als der benachbarte Wald. Die heiße, staubige Luft aus der Stadt wird im nahen Wald gekühlt, gefiltert, befeuchtet und bodennah zurückgeführt. So kann ein einzelner Baum allein durch Transpiration die Kühlleistung von bis zu zehn Standard-Klimageräten erbringen.

 

Wasserqualität

Bäume leisten einen erheblichen Beitrag zum Wasserhaushalt. Waldboden zum Beispiel speichert große Mengen von Wasser und verhindert dadurch den Oberflächenabfluss und folglich Wassererosion. Ist seine Speicherfähigkeit erschöpft, so fließt das Wasser, durch den Boden gefiltert, ab und erhöht das erfassbare Grundwasserangebot. Ein Quadratmeter Waldboden kann so bis zu 200 Liter Wasser speichern. Schmelz- und Regenwasser versickern langsam und werden durch die gute Filterleistung des Bodens zu sauberem Grundwasser, das zum Trinken meist nicht mehr aufbereitet werden muss. Das Wurzelgeflecht der Bäume hält den wertvollen Boden fest und leistet vor allem in Hanglagen einen wichtigen Beitrag zum Erosionsschutz. Auch bei Starkregenereignissen wirken Vegetation und offener Boden als Zwischenspeicher im Abflussprozess.

Auch interessant: Die meisten Bäume stehen in Symbiose mit Mykorrhiza, einem Pilzgeflecht im Boden. Durch diesen gegenseitig begünstigenden Zusammenschluss vergrößern die Pilzfäden die Oberfläche der Wurzeln enorm und somit auch deren Einzugsbereich. Wie weit die Wurzeln reichen, ist unter anderem von der Baumart abhängig. Als Faustzahl kann man jedoch sagen, dass sich der Hauptwurzelraum aus der auf den Boden projizierten Baumkrone abschätzen lässt.

 

Lebensraum

Bäume bieten Lebensraum und Nahrungsgrundlage für zahlreiche Lebewesen: Wildbienen beispielsweise sind auf ihr Pollen- und Nektarangebot als Nahrung für Imagines und Larven angewiesen. Bis zu 25% der Wildbienenarten legen ihre Nester in Hohlräumen im Holz von Bäumen an. Auch Käfer stehen in enger Beziehung zu Bäumen: Je nach Art oder Lebensabschnitt profitieren sie von ganz unterschiedlichen Teilen eines Baumes. Eine besonders große Gruppe unter den Käfern, die sogenannten Totholzarten oder xylobionten Arten, ist während eines Teils ihres Lebenszyklus abhängig von Totholz oder absterbendem Holz, von Baumpilzen oder vom Vorkommen anderer Organismen, die Totholz abbauen. Die Borke von Bäumen ist außerdem für Schmetterlinge als Eiablage wichtig, Blätter und Blüten der Bäume als Nahrung für Raupen, Blüten als Nektarquelle sowie Baumsäfte und Früchte als Nahrung. Auch für Vögel ist die Vielfalt von Bäumen speziell im Siedlungsraum von zentraler Bedeutung: Sie bietet ihnen Nahrung, Rückzugsort, Warte für die Jagd sowie Niststandorte. Die Liste der Profitierenden ist lang!

 

Biodiversität

Der Wert eines Baums für die Biodiversität hängt von den Faktoren Baumart, Alter und Standort ab. Mehrjährig verholzte Baumteile bieten zudem Organismen Lebensraum, die mehrjährige Larvenstadien durchlaufen oder ermöglichen es Wirbeltieren, Strukturen an Bäumen wie etwa Baumhöhlen über mehrere Jahre hinweg zu nutzen.
Eine Vielzahl von Faktoren bestimmt außerdem den ökologischen Wert eines Stadtbaumes: Art und Sorte, Standort, Bodenvolumen, Alter und Gesundheitszustand, Kronenvolumen, Schnitt und Pflege, Abstand zu Gebäuden, Exposition, Bodenbeschaffenheit und Bewuchs etc. Die Dimensionen, die die Unterschiede des ökologischen Wertes annehmen können, werden oft verkannt, da sie nicht linear verlaufen, visuell schwer zu erfassen und auf Plänen oftmals nicht erkennbar sind.

 

Gesundheit

Bäume stellen uns Menschen nicht nur kostenlose und überlebenswichtige Ökosystemleistungen zur Verfügung, sondern wirken sich auch positiv auf unser Wohlbefinden aus: Schon zehn Straßenbäume mehr pro Häuserblock können die Gesundheit von Stadtbewohner:innen messbar verbessern. Im Frühling und Sommer können wir die vielfältige, farbenfrohe Vegetation mit allen Sinnen genießen, bis die Laubbäume gegen Ende des Sommers ihren Stoffwechsel herunterfahren. Das für die Photosynthese wichtige Blattgrün, das Chlorophyll, will der Baum vor dem nahenden Frost retten und zieht es ins Innere. Die verbleibenden Farbstoffe färben die Blätter bunt und bieten im Herbst eine ganz besondere Atmosphäre für Menschen, fördern deren Ruhe und Gelassenheit. Nimm dir doch einfach selbst einen Augenblick Zeit und genieße die Pflanzenwelt um dich herum.